Wegfall qualifizierte Signatur | Art. 5 StVereinfG 2011 | Kontrollverfahren


in meinem Blogbeitrag über den Wegfall der qualifizierten Signatur habe ich ich mit dem Schreiben aus dem Bundesministerium der Finanzen auseinander gesetzt. Wenn man im Internet ein wenig stöbert, bleibt vieles im Unklaren.

Zum Beispiel der Passus, wann eine Papier- und elektronische Rechnung anerkannt wird:

Papier- und elektronische Rechnungen werden umsatzsteuerlich für den Vorsteuerabzug  anerkannt, wenn die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sind und die Rechnung alle gesetzlich erforderlichen Angaben enthält (vgl. § 14 Abs. 4, § 14a UStG).

Besonders die “Echtheit der Herkunft der Rechnung” oder aber “die Unversehrtheit ihres Inhaltes” finden unterschiedliche Interpretationen. Nun waren das aber auch die Dinge, die bei einer qualifizierten Signatur weder einfach zu begreifen, noch ohne Probleme nachzuvollziehen waren. Hier haben Fachleute, die unsere Politiker beraten, Hand angelegt. Erst nach der Verabschiedung und nach der ersten misslungenen Steuerprüfung (je nach Betrachtungswinkel) werden Rechtsinstanzen aufgerufen und sollen dann Licht ins Dunkel bringen. Warten wir also ab.

Neu aber ist der verlässliche Prüfpfad im Sinnes des & 14 Abs 1 UstG.

Ein verlässlicher Prüfpfad ist Bestandteil eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens zur Gewährleistung der Echtheit der Herkunft einer Rechnung, der Unversehrtheit ihres Inhalts und ihrer Lesbarkeit. Anhand eines verlässlichen Prüfpfads ist ein Zusammenhang zwischen der Rechnung und der zugrunde liegenden Leistung herzustellen.

Durch einen Abgleich mit der Bestellung, dem Auftrag oder Vertrag und, ggf. dem Lieferschein überprüft der Unternehmer, ob die Rechnung inhaltlich ordnungsgemäß ist, also die Rechnungsangaben und der leistende Unternehmer zutreffend sind. Dies ist bereits aus anderen Gründen erforderlich, nämlich um die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs festzustellen.

Der verlässliche Prüfpfad begründet keine neue Aufzeichnungspflicht. Innerbetriebliche Kontrollverfahren, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung herstellen, müssen und können nicht von der Finanzverwaltung zertifiziert werden.

Hier wird auf das innerbetriebliche Kontrollverfahren verwiesen, dass jeder Unternehmer, der elektronische Rechnungen empfangen will, implementieren muss. Wie er das macht, lässt der Gesetzgeber offen, d.h. jeder Unternehmer legt das selbst fest.

Ich habe in der Firma (wir waren von Anfang an mit qualifizierter Signatur dabei, haben also unsere eigenen Ausgangsrechnungen mit qualifizierter Signatur versehen) heute das Kontrollverfahren mit meinem Steuerberater abgesprochen und implementiert. Und wir geben  unseren Lieferanten die Möglichkeit, Ihre Rechnungen auf elektronischen Rechnungen ohne qualifizierte Signatur an uns zu senden.

Wie aber muss das innerbetriebliche Kontrollverfahren aussehen? Ich zeige hier eine einfache, manuelle Struktur auf. Dabei sind 3 unterschiedliche Schritte notwendig:

  • einmalig Festlegungen
  • Prozessbeschreibung bei jeder Rechnung, die wir per E-Mail empfangen
  • monatliche Arbeiten

einmalige Festlegungen

einmalige Festlegungen 1) Verteilerliste erstellenErstellen Sie eine Verteilerliste mit den Personen, die Rechnungen empfangen sollen. Niemals nur eine Person, ist diese krank oder im Urlaub, so können die Aufgaben ohne Probleme auf eine zweite oder dritte Person der Verteilerliste übertragen werden. Natürlich kann man das auch mit Rechten, auf das Postfach zugreifen zu dürfen, regeln. Die Verteilerliste kann dann z.B. Buchhaltung@contoso.de heißen.

2) Ablage-Struktur festlegen

Legen Sie im File-System auf dem Server eine Ablagestruktur fest., z.B. \\Server\Buchhaltung\Rechnungseingang. Steht ein SharePoint Server  zur Verfügung, dann kann das eine Dokumenten-Bibliothek sein, auf die alle oben genannten Personen Zugriff haben müssen.

Bei jeder Rechnung

Kontrollverfahrensprozess bei jeder elektronisch übermittelten Rechnung

im Ablauf-Diagramm wird der Prozess beschrieben, wie bei jeder neuen Rechnung zu verfahren ist.

E-Mail-Eingang
Durch die Verteilerliste wird sichergestellt, dass eine neue E-Mail in mehreren Postfächern gespeichert wird.

3) Bei der Ansicht der Rechnung werden zuerst die gesetzlichen Bestandteile geprüft. Diese Schritte müssten eigentlich bekannt sein, weil Sie dass auch bei Papier-Rechnungen durchführen müssen:

1 Name und Anschrift des leistenden Unternehmens,
2 Name und Anschrift des Leistungsempfängers,
3 Termin der Lieferung oder Leistung,
4 Menge und Bezeichnung der gelieferten Produkte bzw. Art und Umfang der Dienstleistung,
5 die ggf. nach Steuersätzen aufgeschlüsselten Netto-Beträge und
6 die jeweils darauf entfallenden Steuer-Beträge,
7 das Ausstellungsdatum (= Rechnungsdatum),
8 eine einmalig vergebene Rechnungsnummer sowie
9 die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Ausstellers

Ist die Rechnung nur in irgendeinem der obigen 9 Punkte nicht korrekt, wird die Rechnung per E-Mail zurückgewiesen, natürlich mit dem Hinweis, was fehlt oder nicht stimmt.

4) Fachliche Prüfung

Je nach Ausprägung kann dieser Schritt von der gleichen Person, oder aber einer anderen Person durchgeführt werden. Mit SharePoint Server kann dies in einem Workflow festgelegt werden. Hier ist zu prüfen, ob die Leistung überhaupt erbracht worden ist, ob Menge und Preis stimmen. Sind hier hier Abweichungen zum Auftrag enthalten, so ist die Rechnung nicht frei zu geben. Diese Person muss also Zugriff auf den ursprünglichen Auftrag, den Spielraum bei Abweichungen, etc. haben, um eine Rechnung zu prüfen.

5) Freigabe

Je nach Buchhaltungssystem und Struktur erfolgt jetzt die Freigabe und vielleicht damit auch ein Ausdruck der Rechnung. Vielleicht aber auch nur eine Übergabe an die Buchhaltung. Selbst wenn das Dokument noch gedruckt wird, ist damit nicht die Archivierung auf Basis von Papier gegeben. Die elektronisch übermitteltet Rechnung muss elektronisch archiviert werden, auch hier kann dies in SharePoint durch einen Workflow veranlasst werden.

Die aufbewahrten Rechnungen müssen während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit lesbar und maschinell auswertbar sein. Diese Regelung ist nicht neu, sondern gilt auch für andere, für die Besteuerung relevanten elektronischen Unterlagen, wie z.B. die elektronische Buchführung und Gewinnermittlung oder elektronische Geschäftsbriefe. Die Aufbewahrungsfrist beträgt bei einem Unternehmer in der Regel 10 Jahre.

Dies bedeutet auch, dass regelmäßig der letzte Schritt durchgeführt werden muss.

monatliche Arbeiten

monatliche Arbeiten Der monatliche Vorgang beschreibt das tatsächliche Archivieren. Je nach Rechnung-Aufkommen kann dies natürlich auch quartalsmäßig oder 1/2 jährlich erfolgen. Bedenken Sie aber, dass durch das Brennen der Eingangs-Rechnungen auf CD /DVD und das Lagern in einem Tresor /Bankschließfach etc. Sie unabhängig von technischen Geräten sind und damit jederzeit auf Ihre Daten bei einer möglichen Prüfung durch das Finanzamt  Zugriff haben.

Als Unternehmer müssen Sie selbst ein innerbetriebliches Kontrollverfahren implementieren. Die obig genannten Schritte dienen nur der Grundlage (keine Rechtsgültigkeit) und sollten  zusammen mit Ihrem Steuerberater durchgesprochen werden. Wichtig ist auch, das das Steuervereinfachungsgesetzt 2011 ist zum heutigen Datum noch nicht ratifiziert wurde.

Was aber hat das alles in einem IT-Blog zu suchen?

Nun, die heutigen Mittel der EDV, auch in kleinstem Unternehmen, geben uns tolle Möglichkeiten, zusammen mit einem E-Mail System, einer File-Ablage und/oder aber Workflow- gestützt mit SharePoint, solche Daten zu verarbeiten. Wir selbst können unseren Lieferanten anbieten, Rechnungen elektronisch zu versenden. Aber auch umgekehrt, können wir selbst Rechnungen elektronisch versenden. Selbst bei Kleinstunternehmen lassen sich dadurch Kosten reduzieren. Denken Sie nur einmal an das Porto / Kuvertierung / Arbeitszeit.

Ob Windows Small Business Server 2011, SharePoint Server 2010, oder aber Office 365 mit SharePoint Online bieten uns genau die Werkzeuge, die wir benötigen, um genau solche Prozesse zu implementieren. Sprechen Sie mit Ihrem IT-Berater, lassen Sie sich diese paar Workflows implementieren und legen Sie los. Der Gesetzgeber will die Unternehmer entlasten, also nutzen sie diesen Vorteil.

weitere Informationen in meinem Blog: Wirksamkeit

Kommentare sind jederzeit willkommen!

5 Gedanken zu “Wegfall qualifizierte Signatur | Art. 5 StVereinfG 2011 | Kontrollverfahren

  1. Hallo Hans Brender,

    ich denke, dass das Verfahren bei kleinen UNternehmen auch durchaus weniger komplex ausgeführt sein könnte.

    Aber … was mich aktuell sehr interessiert und worüber ich keinerlei (!) Informationen finde: Ist denn nun dieser Gesetzentwurf am 1.7. tatsächlich Gesatz geworden ? Wer könnte mir diesbezüglich Auskunft geben ?

    mfG

    Jochen Luckhaus (mailto:jluckhaus@iquadrat.de)

    Like

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